Geschichte des Napsterns

Die meisten von uns können ihre Arbeitskraft nicht multiplizieren. Nicht 
mal duplizieren.


Aber eine Berufsgruppe hatte mehr Glück:

Musiker, Sänger und Schauspieler.

Seit der Antike ein geachteter Gesellschaftsstand mit Sozialprestige und 
guten Einkunftsmöglichkeiten, bei Konzerten, Schauspielen, Festen usw.

Durch eine neue technische Entwicklung am Ende des 19. Jahrhunderts war 
es ihnen plötzlich möglich, ihre Dienstleistung von der persönlichen 
Erbringung abzukoppeln und beliebig zu duplizieren, in Form von 
Tonträgern, Filmen usw.

Während die erste Generation von Sängern wie Caruso dem noch sehr 
skeptisch gegenüberstand, hat die folgende Generation die Vorteile 
dieser technischen Duplizierung der eigenen Leistung rasch erkannt. Und 
erachtet sie heute als selbstverständliches Naturrecht.

Am Ende des 20. Jahrhunderts führte dies dazu, daß die persönlich 
reichsten Menschen auf Erden nicht mehr wie im 19. Jahrhundert 
Industrielle, Produzenten oder Firmenbesitzer waren, sondern Künstler, 
wie Mariah Carey und Michael Jackson und Clint Eastwood.

Gab es einen speziellen Grund, warum gerade  Musikern und Schauspielern 
 diese Möglichkeit der grenzenlosen Duplizierung der eigenen 
Arbeitskraft und Einkommensmöglichkeiten gegeben wurde? Besondere 
soziale Verdienste, moralische Meriten oder erstrebenswerten Zielsetzungen?
Nein, es war ein Zufall, der dieser Gruppe ebenso unverhofft wie 
unverdient zugefallen war, der dankbar angenommen wurde, und der gleich 
zur Gründung weiterer Industriezweige führte, der sog. "Rechteverwerter".

Nun, am Beginn des 21. Jahrhunderts, ist aber wieder eine technische 
Neuerung  entstanden: Das Internet, mit der Möglichkeit der weltweiten 
Person-to-Person Kommunikation.

Und diesmal ermöglicht die technische Neuerung den Menschen wiederum, 
die zuvor  beliebig duplizierte Dienstleistung jetzt ihrerseits beliebig 
zu duplizieren und auszutauschen, durch P2P-Netze wie Napster, Kazaa, 
eDonkey usw.
Zufällig richtet sich diese technische  Entwicklung nun also gegen die 
bisherigen Vorteile der zuletzt meistbegünstigten Gruppe....

Eben ist eine (überwiegend juristische) Gegenreaktion zu beobachten, wie 
die der Maschinenstürmer im 18. Jahrhundert , damals gegen mechanische 
Webstühle, nun gegen diese Form der Internetnutzung.

Aber der Geist ist aus der Flasche, zurückklagen läßt er sich wohl nicht.

Ich denke, Musiker werden in Zukunft wieder vermehrt von ihrer direkt 
erbrachten Leistung leben, wie Konzerten, Tourneen, Gastspielen. Sie 
können das Internet nutzen, wenn sie klug sind, um ihre Popularität zu 
steigern, sich eine Fangemeinde zu schaffen, die diese Konzerte besucht, 
wie in den letzten 4 000 Jahren vor Edisons Grammophon.
Ein beträchtlicher Reichtum wird sich so erwirtschaften lassen.


Aber für Exzesse wie die 50 Millionen Dollar für Mariah Carey, nur damit 
sie endlich aufhört zu singen, wird der Platz immer enger.



This paper is open for discussion.


Gruß 
JN